Biographie (in german)

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Als experimenteller Festkörperphysiker beschäftige ich mich mit der elektronischen Struktur der kondensierten Materie. Mein Spezialgebiet ist das Erforschen der mikroskopische Ursprünge, die den makroskopischen Eigenschaften von Materialien zugrunde liegen, die starke Elektronen- und Spin-Korrelationen aufweisen. Um diese experimentell zu untersuchen wende ich Techniken an, die auf der Nutzung der Synchrotronstrahlung beruhen, und dabei insbesondere Photonen basierte Spektroskopie- und Streutechniken. Ein wichtiger und integraler Teil meiner Forschung ist die Entwicklung von neuen experimentellen Techniken und der dazugehörigen Instrumentierung, die die einzigartigen Eigenschaften der modernsten Röntgenstrahlungsquellen optimal ausnutzen.

Insbesondere durch diese Entwicklungstätigkeiten habe ich immer eine sehr enge Beziehung zu Großforschungseinrichtungen gepflegt. Dies spiegelt sich zum Beispiel heute darin wieder, dass ich seit meiner Ernennung als Professor an der Universität Pierre et Marie Curie in Paris (die seit 2018 Teil der Sorbonne Université ist), auch eine Anstellung als wissenschaftlicher Berater an der Synchrotron-strahlungsquelle SOLEIL innehabe. Dies ist durch meine Erfahrung mit verschiedenen Experimentier-techniken motiviert, von denen viele die hohe Brillianz der heutigen Synchrotron-strahlungsquellen ausnutzen. Eine Erfahrung, die auch von großer Bedeutung ist im Hinblick auf die zurzeit weltweit diskutierte Erneuerung der existierenden Synchrotronstrahlungsquellen, die als Ziel haben, die Brillianz bis zum Diffraktionslimit zu verbessern.

Eine solche sprunghafte Verbesserung der Brillianz der Synchrotronstrahlungsquellen war zuletzt in den 90er Jahren mit dem Bau der ersten Synchrotronstrahlungsquellen der dritten Generation erreicht worden. Auf dem Gebiet der Röntgenspektroskopie hatte dies zur Entdeckung geführt, dass eine „Röntgenabsorption gefolgt von einer spontanen Emission“ nicht als zwei unabhängige Prozesse, sondern als ein einziger, inelastischer Streuprozess interpretiert werden muss. Dies hat signifikante Konsequenzen für die Interpretation der experimentellen Beobachtungen, und während meiner Doktorarbeit am Institut für Festkörperforschung des Forschungszentrum Jülich bei Wolfgang Eberhardt habe ich dazu beigetragen, die sich daraus ergebende Technik der Resonanten Inelastischen Röntgenstreuung (RIXS) zu entwickeln. Ich habe diese RIXS Techniken dann angewendet, um die elektronische Struktur in Materialien zu studieren, deren Eigenschaften durch Korrelations- und Quantum Size Effekte bestimmt sind.

Nach meiner Doktorarbeit war ich für knapp zwei Jahre PostDoc am IBM Almaden Research Center in San Jose in Kalifornien. Als Mitarbeiter von Joachim Stöhr habe ich mit auf Röntgenstrahlung basierten Techniken Materialien und Prozesse von technologischer Relevanz für IBM erforscht. Meine zwei Hauptthemen während dieser Zeit waren zum einen die Erforschung des Ursprungs der Ausrichtung von Flüssigkeitskristallen auf geriebenen Polymerfilmoberflächen, ein bis dahin unverstandenes Phänomen von signifikanter technologischer Relevanz, da es dem Funktionieren der LCD Bildschirmen zugrunde liegt. Von ebenso großer Relevanz ist das Exchange Bias Phänomen, das zum Beispiel in den Leseköpfen moderner magnetischer Festplatten ausgenutzt wird, dessen Ursprung wir mithilfe von Röntgenmikroskopie studierten. Diese Experimente fanden an der Synchrotron Strahlungsquelle in Stanford (SSRL) und der Advanced Light Source (ALS) in Berkeley statt. An beiden Großforschungseinrichtungen war IBM über Joachim Stöhr an der Entwicklung der Strahlrohre und Instrumente beteiligt, so dass ich auch während dieser Zeit in sehr enger Zusammenarbeit mit den Großforschungsinstituten gearbeitet habe. Insbesondere an der ALS war ich während dieser Zeit an der Entwicklung des Röntgen-Photoelektronen-Mikroskopie (XPEEM) beteiligt, mit dem wir die ersten Bilder der Domänenstruktur eines antiferromagnetischen Materials realisieren konnten.

Noch vor Ablauf meiner PostDoc Zeit bei IBM erhielt ich eine Anstellung als Wissenschaftler an der Großforschungseinrichtung SLAC, wo ich für die Weichröntgenaktivitäten am Synchrotron SSRL verantwortlich war. Meine Aufgaben umfassten die Betreuung der Nutzer der Weichröntgenstrahlrohre an SSRL und die Weiterentwicklung dieser Nutzergemeinschaft, die Verantwortung für die Instandhaltung und die Weiterentwicklung der Instrumentierung und die Entwicklung neuer experimenteller Techniken. Hervorzuheben ist dabei unser Beitrag zur Entwicklung von elastischen Streutechniken, die traditionell eher im Bereich der harten Röntgenstrahlen genutzt wurden, und insbesondere unsere Entwicklung der Streuung von kohärenter Röntgenstrahlung. Durch unsere erfolgreiche Abbildung magnetischer Domänenstrukturen mittels Holographie mit weichen Röntgenstrahlen konnten wir den Bau eines neuen Strahlrohrs optimiert für die Streuung kohärenter und inkohärenter weicher Röntgenstrahlung motivieren. In enger Zusammenarbeit mit der Optikgruppe von SSRL habe ich das optische Design dieses Strahlrohrs entwickelt sowie die dazugehörige Instrumentierung.

Im Jahr 2000 genehmigte das Department of Energy (DOE) das Projekt zum Bau des harte Röntgenstrahlung emittierenden Freien Elektronen Lasers LCLS. Dieses wurde dann kurz darauf durch das LUSI Projekt komplementiert, das den Aufbau der nötigen Instrumentierung für die Nutzung von LCLS sichern sollte. Zusammen mit anderen Kollegen vertrat ich in diesem Projekt die Interessen der Nutzer der weichen Röntgenstrahlung. Es gelang uns zwar nicht, diese Instrumentierung durch LUSI zu finanzieren (50% des Budgets wurde für den Aufbau des Single Particle Imaging Instruments verwendet), aber wir konnten erreichten, dass eines der Instrumente für die Experimente mit Weichröntgenstrahlung an Festkörpern frei gehalten wurde. Es war dann ein großer Glücksfall, dass das BMBF den Wert eines solchen Instruments erkannte und in Vorbereitung der Experimente am European XFEL diese Instrumentierung mit finanzierte.

Nach knapp sieben Jahren bei SSRL wurde ich 2006 auf meine derzeitige Professur an der Sorbonne Université berufen, wo ich die Leitung der Arbeitsgruppe Komplexe und Magnetische Materialien übernahm, die Teil des Laboratoire de Chimie Physique – Matière et Rayonnement ist. Seit langer Zeit ist der Schwerpunkt dieser Arbeitsgruppe die Anwendung der inelastischen Röntgenspektroskopie (RIXS), zu deren Entwicklung sie in der Vergangenheit zahlreiche Beiträge geleistet hat. Seit meiner Ankunft haben wir ein neues Weichröntgen-RIXS-Spektrometer entwickelt, das heute eines der wenigen operationellen Instrumente ist, das eine spektroskopische Auflösung besser als 5,000 erreicht. Dieses Instrument haben wir in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen des Strahlrohrs SEXTANTS von SOLEIL entwickelt, an dem es permanent installiert ist und auch von externen Nutzern genutzt wird. Aufgrund der gegebenen Randbedingungen, insbesondere der limitierten Energieauflösung des Strahlrohrmonochromators, haben wir nicht die höchste, technisch machbare spektrale Auflösung anstreben können. Stattdessen haben wir ein innovatives optisches Design entwickelt, was bei jeweils gewählter spektraler Auflösung die Transmission des Instruments optimieren lässt. Ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung dieses Instruments war, dass Quelle, Strahlrohr und Instrument als ein gemeinsames Ensemble betrachtet werden musste und auch als solches zu optimieren war. Dieser Ansatz wird in Zukunft von noch größerer Wichtigkeit sein, um die herausragende Brillianz der nächsten Quellen in ebenso herausragende experimentelle Möglichkeiten umzusetzen.

Seit etwa 2010 habe ich als neue wissenschaftliche Aktivität meiner Arbeitsgruppe die Erforschung ultraschneller Magnetisierungsdynamik entwickelt. Unser spezieller Beitrag zu diesem sich rasch entwickelnden Feld beruht darauf, dass wir Femtosekunden Zeitauflösung mit Nanometer Ortsauflösung kombinieren, in dem wir auf Röntgenstrahlung basierte Techniken zum Proben der Dynamik einsetzen. Die dazu nötigen Femtosekunden kurzen Röntgenpulse kann man heute auf dreierlei Art erzeugen: Mittels der Erzeugung von Harmonischen hoher Ordnung eines optischen Lasers (HHG), durch das Femtoslicing Prinzip an Synchrotronstrahlungsquellen wie BESSY II und an Freien Elektronen Lasern (XFEL). An allen drei Quelltypen realisieren wir Experimente, die auf die jeweiligen Stärken der Quellen zugeschnitten sind. Aufgrund der Neuheit dieser Quellen spielt die Entwicklung neuer experimenteller Techniken dabei eine besonders wichtige Rolle und wir haben in den letzten Jahren zahlreiche wichtige Beiträge dazu geleistet. Zum Beispiel haben wir als erste Experimente mit resonanter magnetischen Streuung an einer HHG Quelle durchgeführt, an der Demonstration von Einzelschuss-Mikroskopie an LCLS teilgenommen und eine neue X-ray Streaking Technik entwicklet. Diese letztere nutzt eine Zonenplatte, um die Dynamik eines Prozesses mit einem einzelnen XFEL Pulse über eine Zeitspanne von einigen Pikosekunden zu verfolgen. An der Femtoslicing-Quelle von BESSY II haben wir kürzlich das erste zeitaufgelöste Röntgenreflektionsexperiment durchgeführt und damit zeigen können, dass die Entmagnetisierungsdynamik in dünnen Übergangsmetallfilmen von Strukturdynamiken begleitet ist, insbesondere einer Variation der Filmdicke.

Dieses Experiment an BESSY war für uns auch besonders wichtig im Hinblick auf die zukünftige Femtoslicing-Quelle, die am Synchrotron SOLEIL entwickelt wurde. Bis zum erfolgreichen Abschluss im Sommer letzten Jahres war ich zusammen mit Amor Nadji der Leiter dieses Femtoslicing-Projekts an SOLEIL. Herr Nadji, Direktor der Beschleunigergruppe bei SOLEIL, vertrat dabei die Beschleuniger-interessen, während ich die Experimentiergruppe repräsentierte. Durch die Beteiligung an der Leitung dieses Infrastrukturprojekts bei SOLEIL habe ich auch Erfahrung in der Leitung eines komplexen Projekts gesammelt, das die koordinierte Beteiligung mehrere Gruppen einer Großforschungseinrichtung benötigt. Mit der erfolgreichen Messung der Gitterschwingungen in Bismut, Referenzstandard in dieser Domäne, haben wir das Funktionieren der Infrastruktur im letzten Sommer demonstriert. Derzeitig wird der Slicing-Laser umgebaut, um mit einer höheren Repetitionsrate zu funktionieren und so einen höheren Photonenfluss für die Experimente bereitzustellen. In Vorbereitung des Nutzerbetriebs, der 2019 beginnen wird, kümmere ich mich nun um den Aufbau der Instrumentierung an dem Weichröntgen-strahlrohr TEMPO, um dort Laser induzierte ultraschnelle Ladungs- und Magnetisierungsdynamik zu erforschen.

Seit meiner Ankunft in Frankreich engagiere ich mich für die Entwicklung einer dortigen Nutzergemeinschaft für XFEL Quellen, deren Entwicklung in Frankreich von den potentiellen Nutzergemeinschaften zum großen Teil nicht beachtet worden war. So gab es auch von Seiten der Institutionen (CNRS, CEA und Ministerium) keinerlei Mittel, um an diesen Quellen Experimente durchzuführen oder sich gar an Instrumentierungsprojekten (zum Beispiel den User Consortia am European XFEL) zu beteiligen. Dieses Engagement führte im Jahre 2012 dazu, dass ich zusammen mit zwei Kollegen (Michael Meyer, jetzt Leiter des SQS Instruments am European XFEL, und Philippe Zeitoun vom Laboratoire d‘Optique Appliquée) das Forschungsnetzwerk XFEL-Science gründete, dessen Koordinator ich seitdem bin. Dieses wird in Frankreich vom CNRS als eine internationale Forschungsgruppe finanziell unterstützt. Die internationalen Partner sind die XFEL Quellen FLASH, FERMI und European XFEL, und insbesondere deren Wissenschaftler, die die Experimente an diesen Quellen betreiben und betreuen. Dieses Netzwerk hat sicherlich dazu beigetragen, dass es heute mehr als 100 aktive XFEL Nutzer (Wissenschaftler mit fester Anstellung, dazu noch PhDs und PDs) in Frankreich gibt, die an allen Instrumenten der sieben operationellen XFEL Quellen Experimente durchführen.

Meine Arbeitsgruppe hat in den vergangenen Jahren mehrere nationale und internationale Kollaboration geschlossen, darunter insbesondere mit Arbeitsgruppen in Deutschland, der Schweiz und Italien, mit denen wir in enger Zusammenarbeit unsere XFEL Experimente vorbereiten und durchführen. Ein nicht unwesentlicher Beitrag unserer Gruppe ist dabei die Probenherstellung, für die wir während der letzten Jahre in unserem Labor eine Sputterdeponieranlage aufgebaut haben, und Instrumente für die Charakterisierung der strukturellen und magnetischen Eigenschaften der hergestellten dünnen Filme (Röntgenreflektrometrie, UHV MOKE, MFM, …). Durch unsere zahlreichen Tätigkeiten ist unsere Arbeitsgruppe gut integriert in die französische und europäische Forschungsgemeinschaft. Dies zeigt sich auch an meinen zahlreichen Teilnahmen an Berufungskommissionen, Habilitations- und Doktorarbeit-Komitees; an meiner Teilnahme an Komitees zur Beurteilung von wissenschaftlichen Anträgen und Projekten und von Installationen an Großforschungseinrichtungen sowie zahlreiche andere der üblichen Tätigkeiten im Rahmen der Selbstverwaltung der Forschung. Innerhalb unserer Universität bin ich seit mehreren Jahren Mitglied der Leitung des Exzellenzclusters MiChem, an dem unser Labor beteiligt ist. Darüber hinaus werde ich ab Januar 2019 als Co-Direktor an der Leitung unseres Labors teilnehmen. Die Direktion der Labore wird in Frankreich alle fünf Jahre gemeinsam von den Universitäten und dem CNRS ernannt, basierend auf dem Vorschlag der Mitarbeiter der Labore.